BSU heute
1. Allgemeines
Mit Inkrafttreten des Seesicherheits-Untersuchungs-Gesetzes (SUG) im Juni 2002 wurden die neuen internationalen Rechtsvorschriften über eine staatliche Seeunfalluntersuchung in der Bundesrepublik Deutschland umgesetzt. Zugleich wurde die Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung (BSU) als die in Deutschland hierfür zuständige Behörde eingerichtet. Das SUG wurde im Jahr 2011 umfangreich überarbeitet, um zum einen die gerade auf europäischer Ebene neu hinzugekommenen Regelungen zu integrieren und zum anderen die Seeunfalluntersuchung von der ähnlich gelagerten Flugunfalluntersuchung zu entkoppeln.
Die BSU ist eine Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr mit Dienstsitz in Hamburg im Gebäude des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie. Sie verfügt über 13 Beschäftigte, von denen sieben als Unfalluntersucherinnen und Unfalluntersucher tätig sind und wird von einem Direktor geleitet. Der Jahreshaushalt beträgt etwas über eine Million Euro. Hiervon sind alle Ausgaben, wie zum Beispiel Personalkosten, Dienstreisen sowie Sachkosten für die Untersuchungen zu tragen.
Ziel einer Seeunfalluntersuchung ist eine umfassende Darstellung und Analyse des Unfallgeschehens mit dem Zweck der Verhütung künftiger Unfälle. Alle unmittelbaren und mittelbaren Ursachen, begünstigende Faktoren sowie die Gesamtumstände, einschließlich etwaiger Rettungsmaßnahmen sollen hierbei betrachtet werden. Die BSU wird dabei von Gesetzes wegen von einem sogenannten „No Blame Approach“ (Ansatz ohne Schuldzuweisung) geleitet. Die Untersuchung dient daher nicht der Feststellung des Verschuldens, der Haftung oder von sonstigen Ansprüchen.
Die BSU ist zuständig für die Untersuchung von Seeunfällen von Seeschiffen aller Flaggen innerhalb der deutschen Hoheitsgewässer, bei Verkehrsvorgängen auf den deutschen Seeschifffahrtsstraßen und von, nach und in den an diesen gelegenen Häfen sowie in bestimmtem Fällen auch innerhalb der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ). Außerhalb dieser Gebiete untersucht die BSU Seeunfälle auf oder unter Beteiligung von Seeschiffen unter deutscher Flagge oder wenn die Bundesrepublik Deutschland ein begründetes Interesse an der Untersuchung eines Seeunfalls im Ausland hat. Das SUG unterscheidet seit 2011 drei Kategorien von Seeunfällen - Seeunfall, schwerer Seeunfall und sehr schwerer Seeunfall – und verpflichtet die BSU bei letzterem in jedem Fall eine Untersuchung durchzuführen.
2. Das Untersuchungsverfahren
Nach Erhalt einer Unfallmeldung entscheidet der Direktor der BSU, bzw. bei Abwesenheit sein Stellvertreter über die Einleitung einer Unfalluntersuchung und überträgt in der Regel einem Team aus zwei Personen die weitere Bearbeitung des Unfalls. Bei dieser Entscheidung und in allen weiteren Fragen der Untersuchung ist die BSU frei von Weisungen. Zum Zweck der Aufklärung des Unfallgeschehenes verfügt die BSU über weitreichende Rechte u. a. in Bezug auf den Zutritt zum Unfallort, die Beweissicherung und –Auswertung, die Befragung von Zeugen und die Hinzuziehung von Sachverständigen. Diese Rechte beschränken sich hierbei nicht nur auf die am Unfallgeschehen direkt Beteiligten (das Schiff bzw. dessen Besatzung und ggf. Lotsen), sondern können auch gegenüber Dritten (z. B. Reedereien, Werften oder Klassifikationsgesellschaften) oder Behörden (z. B. der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung oder der BG Verkehr) geltend gemacht werden.
Ein wesentlicher Eckpfeiler der Tätigkeit der BSU ist die Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen der inner- und außereuropäischen Untersuchungsstellen. Auf Basis europäischer und völkerrechtlicher Grundlagen führt die BSU Untersuchungen in internationaler Zusammenarbeit durch. Diese können sich auf die reine Unterstützung der anderen Untersuchungsstelle beschränken oder bis hin zu einer vollständig gemeinsamen Untersuchung mitsamt gemeinsamem Abschlussbericht reichen.
Die Untersuchungen der BSU, unabhängig davon, ob allein oder in Zusammenarbeit mit anderen Staaten durchgeführt, enden in aller Regel mit der Herausgabe eines Untersuchungsberichtes in deutscher und englischer Sprache. Die Berichte werden vor ihrer Veröffentlichung mit einer gesetzlich vorgegeben Frist den betroffenen Stellen oder Personen mit der Möglichkeit einer Stellungnahme übersandt. Auf diese Weise soll gewährleistet werden, dass begründete Einwände Eingang in den endgültigen Bericht finden, bevor er in die Öffentlichkeit gelangt. Abschließender und wesentlicher Bestandteil der Berichte sind die im Zuge der Untersuchung herausgearbeiteten Sicherheitsempfehlungen. Sicherheitsempfehlen zielen darauf ab, geeignete Maßnahmen zur Verhütung künftiger Unfälle zu ergreifen und sind daher an die entsprechenden Stellen zu richten. Dies können neben Behörden auch einzelne Personen, Unternehmen oder Verbände sein.
Die BSU ist im Anschluss von Gesetzes wegen verpflichtet, die Beachtung der von ihr herausgegebenen Sicherheitsempfehlungen nachzuverfolgen. Zu diesem Zweck werden die Adressaten der Empfehlungen nach einer angemessenen Frist, in der Regel sechs Monate, angeschrieben und um Informationen darüber gebeten, ob und wie sie die Empfehlungen umgesetzt haben. Hierbei ist jedoch zu betonen dass die BSU, deren Agieren von der Philosophie einer modernen Sicherheitspartnerschaft geprägt ist, diesbezüglich keinerlei Durchsetzungsbefugnisse hat.
3. Internationale Zusammenarbeit
Neben den soeben genannten mehrstaatlichen Untersuchungen legt die BSU auch in anderen Bereichen großen Wert auf eine vertrauensvolle internationale Zusammenarbeit. So nehmen Vertreter der BSU an den Treffen aller Untersuchungsbehörden weltweit (MAIIF) oder auf europäischer Ebene (EMAIIF) teil oder entsendet Experten zu Unterausschüssen der internationalen Seeschifffahrts-Organisation der Vereinten Nationen (IMO) oder zur europäischen Agentur für die Sicherheit im Seeverkehr (EMSA), soweit dort Themenbereiche der BSU betroffen sind. Hierdurch gelingt es nicht nur die Vernetzung der Fachleute und der Behörden untereinander zu intensivieren, sondern auch Rechtsentwicklungen auf internationaler Ebene zu begleiten und auf gemeinsame Standards hinzuwirken.
Weitere Informationen, insbesondere umfangreiches Datenmaterial oder auch Statistiken können den jeweiligen Jahresberichten entnommen werden.